Compliance in einer ausländischen Bankniederlassung – Herausforderungen im internationalen Umfeld

Mara Ute Seiwerth Scholtz, Head Of Legal Risk and Compliance at Banque Havilland – Zurich Branch

Aktuell sind 36 Banken in der Schweiz als Zweigniederlassungen von ausländischen Banken oder Wertpapierhäusern von der FINMA bewilligt. Alle Institute gehören dabei zu den Kategorie 4 oder 5 Banken, was aber keineswegs über die Grösse des Mutterhauses etwas aussagt.

Auch für grössere internationale Banken ist es eine Option ihre Niederlassung als Filiale zu strukturieren. Aber unabhängig von der gewählten Konstruktion bewegen sich alle diese Einheiten zwischen dem Mutterhaus und dem Schweizer Vorschriften.

Mit der Tätigkeit in der Schweiz, müssen sie sowohl die lokalen Besonderheiten als auch die Rahmenbedingungen mit ihren eigenen unterschiedlichen Ansätzen bewältigen. Die Anforderungen an die Berichterstattung an verschiedene interne und externe Quellen spiegeln ihre individuellen Geschäftskulturen wider und haben einen Einfluss auf alles, von den kleinsten Details in Jahresberichten, die sich mit bestimmten Bereichen und Zahlen befassen, bis hin zu allgemeinen Risikobewertungen der Einhaltung der Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche (AML).

Vorteile einer überschaubaren Organisation

Das kann für die Mitarbeiter vor Ort eine enorme zeitliche Herausforderung darstellen, da gleichzeitig verschiedene Interessengruppen informiert werden müssen. Aber gleichzeitig ist es auch eine grosse Chance, da die Mitarbeiter daran gewöhnt sind die Organisation aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.

Von Vorteil ist die Nähe zum Kunden, die so typisch für Kleinorganisationen ist. Wenn die Compliance-Abteilung nur zwei Türen weiter sitzt, so ist die Hemmschwelle geringer, bereits im Vorfeld einzelne Fragen abzuklären, oder ganz allgemein sich in informellen Gesprächen über Risiken und Möglichkeiten bei einzelnen Kundengruppen zu unterhalten.

Dies vereinfacht nicht nur die Kommunikation zwischen den Abteilungen erheblich, es trägt auch entscheidend zur Effizienz der Abläufe bei. Die Kundenberater sind näher an der Erwartungshaltung von Compliance, aber auch Compliance-Mitarbeiter erfahren mehr über die Kunden, deren Wünsche und Anforderungen. Missverständnisse können schneller überwunden werden und auf beiden Seiten wächst das Verständnis für die Arbeit des Anderen.

“Die prinzipienorientierte Regulierung in der Schweiz gibt Compliance vor Ort den nötigen Spielraum Gruppenanforderungen und Prozesse mit oft nur geringen lokalen Anpassungen zu adaptieren.”

Mara Ute Seiwerth Scholtz

Offenheit

Gleichzeitig kann man auf die Erfahrungen und das Wissen der ganzen Gruppe zurückgreifen, spezialisierte Abteilungen für Risk, breite Erfahrungen von vielen verschiedenen Mitarbeitern aus Legal und Compliance, mit denen man Problempunkte ergebnisoffen diskutieren kann. Dies fehlt oft in kleinen Banken ohne ein Mutterhaus.

Natürlich gibt es den breiten Markt an Beratern, die einem in solchen Fällen zur Verfügung stehen. Aber im Gegensatz zu internen offenen Diskussionen bringen diese ihre eigene Kultur und eigene Risikobereitschaft mit. Hier braucht es auch von der Seite der Berater eine grosse Offenheit, die jeweilige Risikokultur und Risikobereitschaft des Unternehmens zu antizipieren, um einen ergebnisoffenen Dialog führen zu können.

Schweizer Besonderheiten

Mit Kollegen aus anderen Einheiten lassen sich diese Gespräche auf dem einfachen «wie macht ihr es» Niveau niederschwelliger führen, was zu einem eigenständigen, dennoch in der Gruppe eingebundenen Weg führen kann.

In der Schweiz gibt es auch im Vergleich zu Nachbarländern jedoch Eigenheiten, die manchmal erklärungsbedürftig sind, manchmal gar auf Unverständnis stossen. Das gilt in erster Linie für das Bankgeheimnis, das auch gegenüber dem Mutterhaus gilt.

Das Bewusstsein dafür, dass nur notwendige Daten ausgetauscht werden dürfen und nicht darüber hinaus automatisch alles offengelegt werden darf, hat sich aber auch in den anderen Ländern verschärft.  Die europäische Datenschutzverordnung (DSGVO)  zwingt zwar zu viel Formalismus – aber schafft auch einen Begründungszwang für das Datensammeln.

Eingebettet und unabhängig

Die prinzipienorientierte Regulierung in der Schweiz gibt Compliance vor Ort den nötigen Spielraum Gruppenanforderungen und Prozesse mit oft nur geringen lokalen Anpassungen zu adaptieren.  Aber das macht ja auch den Charme solcher Einheiten aus. Sie sind zwar eingebettet, aber dennoch eigenständig.